Kooperationsformen von Hochschulen: Was ist eine Kooperation? Wie wird sie erfolgreich? (Teil 1 von 2)
Im Hochschulwesen ist ein starker Trend zur Bildung von Kooperationen zwischen mehreren Hochschulen festzustellen. Faktoren wie steigender Wettbewerb, leistungsbezogene Förderinitiativen sowie ein steigender Budgetdruck der öffentlichen Hand und die Möglichkeit, Arbeitslasten und Investitionen auf mehrere Hochschulen zu verteilen, bilden die Grundlage für viele Kooperationen zwischen Hochschulen. Im Rahmen dieses zweiteiligen Blogbeitrags wird das Phänomen “Hochschulkooperation” sowie die Faktoren für ein erfolgreiches Gelingen solcher Kooperationen beleuchtet. In diesem Teil der zweiteiligen Beitragsserie wird zunächst eine kurze Einordnung des Kooperationsbegriffs gegeben und es werden modellartig verschiedene Kooperationsformen sowie ihre Erfolgsfaktoren vorgestellt. Im zweiten Blogbeitrag werden die Erfolgsfaktoren anhand von Praxisberichten vertieft.
Was ist eine Kooperation?
Unter einer Kooperation im Hochschulumfeld ist die freiwillige, oft vertraglich geregelte, zweckgerichtete Zusammenarbeit zweier oder mehrerer Hochschulen zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels zu verstehen. Die kooperierenden Hochschulen bilden ein temporäres System, welches durch die Intensität und Dauer der Zusammenarbeit sowie durch ein gemeinsames Ziel charakterisiert wird. Übergreifende Ziele von Kooperationen zwischen Hochschulen sind das Erreichen wirtschaftlicher Effizienz, eine gesteigerte Leistungsfähigkeit und eine bessere Erfüllung der vorab definierten Ziele der beteiligten Partner.
Es gibt nicht „die eine“ Kooperation
Anhand der oben genannten Gestaltfaktoren Dauer und Intensität der Bindung lassen sich Kooperationen von Hochschulen kleinteilig ausdifferenzieren. Hechler und Pasternack (2013) nennen insgesamt sechs verschieden ausgeprägte Kooperationsformen (siehe Abbildung 1), welche in drei Klassen zusammengefasst werden können:
- Punktuelle Kooperation: Eine kurzfristige Kooperation zum Informationsaustausch oder gemeinsamen Absprachen ohne Übertragung von Kompetenzen oder Verpflichtungen an die Partner.
- Strategische Allianz: Übertragung einer klar definierten Leistung wie beispielsweise einer Gastvorlesung oder die gemeinsame Arbeit an einem klar umrissenen Projekt.
- Zusammenschluss: Über festgelegte Strukturen definierte langfristige Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehr Hochschulen mit dem Ziel, gemeinsame Einrichtungen zu etablieren oder zu fusionieren.
Abbildung 1 Stufen der Zusammenarbeit an Hochschulen in Anlehnung an Hechler und Pasternack (2013)
Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Kooperation von Hochschulen
Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Kooperation zwischen Hochschulen ist die grundsätzliche Bereitschaft der potenziellen Kooperationspartner zur Zusammenarbeit. Überdies muss eine Vertrauensbasis bestehen, auf der sich die beteiligten Instanzen verständigen. Zusätzlich zu den notwendigen Grundvoraussetzungen für Kooperationen im Hochschulumfeld haben sich fünf Faktoren als erfolgsentscheidend gezeigt:
Erfolgsfaktor 1: Zielidentität
Bereits vor Beginn einer Kooperation sollten die zu erreichenden Ziele klar und präzise formuliert werden. Bewährt hat sich die Formulierung von Zielen anhand der SMART-Formel. Neben den messbaren Ergebniszielen sollten auch qualitative Vorgehensziele formuliert werden, welche soziale oder qualitative Kriterien wie beispielsweise die Zufriedenheit der Beteiligten messen. Besonders bei beteiligungsstarken Kooperationen sind derartige Zielgrößen erfolgskritisch.
Zudem ist es wichtig, dass die vereinbarten Ziele zu jeder Zeit transparent und sichtbar für alle beteiligten Parteien dargestellt werden. Sie müssen regelmäßig an die aktuellen Entwicklungen der Kooperationsarbeit angepasst werden, um die notwendige Kontrollfunktion ausüben zu können.
Erfolgsfaktor 2: Strukturelle und kulturelle Ähnlichkeit
Hochschulen haben von Natur aus eine kulturelle und strukturelle Ähnlichkeit, die sich durch einen gemeinsamen Wortschatz, ein gemeinsames Grundverständnis und gemeinsame Ziele äußert. Trotz der prinzipiellen Ähnlichkeit weisen Hochschulen untereinander Heterogenität in unterschiedlichen Faktoren auf. Beispiele für diese Heterogenität sind Aufbau- und Ablauforganisation, Hochschultyp, Größe der Hochschule sowie Führungs- und Diskussionskultur. Während kulturelle Ähnlichkeiten von Hochschulen die Bildung einer arbeitsfähigen Kooperation begünstigt, kann die Heterogenität untereinander zu Interessenkonflikten führen, welche negative Auswirkungen auf die Effektivität einer Kooperation haben können.
Erfolgsfaktor 3: Vertrauen und wechselseitige Nachsicht
Trotz gemeinsamer Ziele können die Interessen Einzelner die Kooperation zumindest zeitweise dominieren. In einer solchen Situation ist von allen Beteiligten Kompromissbereitschaft gefordert. Bestenfalls besteht bereits vor Kooperationsbildung ein gegenseitiges Grundvertrauen zwischen den Partnern. Bereits bestehende Vernetzungen wie beispielsweise Interessenverbünde oder Koordinierungsstellen bieten die Möglichkeit des gegenseitigen Kennenlernens und können als Ausgangsbasis für kooperative Aktivitäten dienen.
Erfolgsfaktor 4: Zielgerichtete Kommunikation
Die kontinuierliche und zielgerichtete Kommunikation aller Beteiligten ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Kooperation mehrerer Hochschulen. Wie hoch der individuelle Bedarf nach regelmäßiger Kommunikation im Einzelfall ausfällt, ist zwischen den einzelnen Parteien abzustimmen und gegebenenfalls formal festzuhalten. Neben der internen Kommunikation ist die Kommunikation mit externen Interessengruppen nicht zu vernachlässigen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist eine informelle Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien.
Erfolgsfaktor 5: Institutionelle Verankerung
Führungskräfte müssen täglich Entscheidungen treffen, die für ihr Unternehmen oder die Organisation eine enorme Tragweite haben. Daher wird eine ausgeglichene Entscheidungs- und Eskalationskompetenz bei allen Kooperationspartnern als Voraussetzung für eine nutzenbringende Kooperation gesehen. Außerdem werden ein organisationales Grundgerüst und ein/e Sprecher/in oder Leiter/in der Kooperation benötigt. Diese/r Sprecher*in hat eine neutrale Stellung und muss von allen Partnern akzeptiert werden. Er/Sie wird mehrheitlich gewählt und kann sowohl durch eine kooperationsinterne als auch durch eine externe Person besetzt werden.
Zusammenfassung und Ausblick
Nachdem Sie nun im ersten Teil der Beitragsserie zu Kooperationen von Hochschulen die Erfolgsfaktoren von Kooperationen kennengelernt haben (siehe Abbildung 2), erhalten Sie im nächsten Beitrag einen Einblick in von der myconsult begleitete Kooperationsprojekten deutscher Hochschulen.
Abbildung 2 Kooperation an deutschen Hochschulen
Quellen
Hechler, D.; Pasternack, P.: Zwischen Kooperieren und Fusionieren; Wissenschaftsmagazin 4/2013, S.14 – 17, 2013.
Dornseiff, K./Groening, Y./Kassanke, S.: Gelebte Kooperationsformen zwischen Hochschulen – Möglichkeiten der Ausgestaltung kritischer Erfolgsfaktoren anhand von Praxisbeispielen, in: Gesellschaft für Informatik, Bonn 2016, S. 967-981. Hier ansehen