Dr. Vanessa Hilleringmann

Dr. Vanessa Hilleringmann

Beraterin

5 Minuten Lesezeit

18. May 2022

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Insights

5 Fehler im agilen Projektmanagement und wie Sie diese vermeiden können

Wertvolles Wissen zum Mitnehmen. Damit agil nicht konfus wird. In vielen Organisationen und Unternehmen setzen sich fernab von IT und Softwareentwicklung agile Methoden im Projektmanagement durch. Auch wenn Agilität häufig mit Freiräumen und fehlenden Strukturen gleichgesetzt wird, zeigt unsere Erfahrung, dass erfolgreich durchgeführte agile Projekte gerade durch klare Strukturen und Regeln auffallen. Selbst wenn es paradox erscheint, so schaffen klar umrissene Grenzen den nötigen Freiraum für erfolgreiche Projektteams. Unser Insight beschreibt fünf häufige Fehler agiler Projektteams, die Sie besser direkt vermeiden, um Ihren Projekterfolg zu sichern.



Fehler #1: Retrospektive weglassen

Zentraler Bestandteil vieler agiler Methoden ist die Reflexion über den bisherigen Arbeitsprozess. Beispielsweise im Projektmanagementframework Scrum sind Retrospektiven als fixe Regeltermine zum Abschluss eines jeden Sprints eingeplant. Im Rahmen der Retrospektive wird auf die vorherige Arbeitsphase zurückgeschaut und über den individuellen Arbeitsprozess reflektiert. Das hilft dabei, aus dem Vergangenen zu lernen und in Zukunft das, was gut war, auszubauen und das, was nicht geklappt hat, zu verbessern. Da Retrospektiven aus Sicht des Projektteams anfänglich keinen direkt quantifizierbaren Mehrwert schaffen und Zeitdruck herrscht, wird dieser Regeltermin häufig gestrichen. Dies nimmt dem Projektteam die Möglichkeit, sich in einem geschützten Raum auszutauschen und sich persönlich und als Team weiterzuentwickeln. So schleichen sich Fehler ein, da kein fester Zeitpunkt zur Reflexion und Ableitung von Handlungsempfehlungen vorhanden ist.

Um dieses Problem zu vermeiden, sollen agile Projektteams Zeit zur Reflexion genauso einplanen wie andere Regeltermine. Darüber hinaus können Retrospektiven ansprechend und abwechslungsreich gestaltet werden, damit die Beteiligten motiviert sind, sie gewissenhaft durchzuführen. Sie können individuell vorbereitet werden, um Zeit zu sparen. So können Fragen schon vorab kommuniziert werden, sodass nur die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen im Termin besprochen werden.


Fehler #2: Agilität um jeden Preis

Agile Arbeitsweisen und Methodiken finden aus vielerlei Gründen immer mehr Zuspruch. Agilität bringt viele Vorteile mit sich und viele Unternehmen versuchen Agilität in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. Aber nicht in jedem Kontext sind agile Methoden sinnvoll. Auch wenn sie gerne verwendet werden, agile Ansätze schaffen nicht in jeder Situation einen großen Mehrwert. Im Gegenteil, in der falschen Situation schaffen sie Unruhe, Frustration und Unverständnis bei den Beschäftigten. In Unternehmen, die in Bezug auf ihre Produkte gute Voraussagen treffen können, eine zuverlässige Planung mit viel Erfahrung vorweisen, der Lösungsansatz und die Anforderungen bekannt sind, bedarf es z. B. keiner agilen Arbeitsweise.

Der Ansatz von Agilität ist besonders erfolgreich, wenn die Herausforderung und das Umfeld von hoher Komplexität, Dynamik und Ungewissheit geprägt sind. Ist dies nicht der Fall, sollte gewissenhaft abgewogen werden, ob und welche agilen Arbeitsweisen sinnvoll sind und einen Mehrwert bieten. Außerdem sollten nicht wahllos alle agilen Arbeitsmethoden eingesetzt und vermischt werden, die dem Projektteam bekannt sind. Lieber beschränkt man sich auf einzelne, im jeweiligen Kontext, sinnvolle agile Elemente, wie z.B. Dailys und Retrospektiven. Wenn das Interesse geweckt ist, können weitere agile Elemente in die ansonsten bewährten Methoden integriert werden.


Agile UseCases


Fehler #3: Zu schnell zu hohe bzw. falsche Erwartungen in eine agile Arbeitsweise stecken

Arbeiten in agilen Projekten hat im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement den Vorteil, besser auf Probleme und Änderungen reagieren zu können. In vielen Fällen wird nach der Umstellung auf ein agiles Vorgehen eine zu hohe bzw. falsche Erwartungshaltung an die Agilität gestellt. Agiles Arbeiten ist mit einer großen Veränderung auf allen Ebenen verbunden. Projektmitarbeiter:innen, die das erste Mal mit agilen Methoden in Berührung kommen, brauchen häufig eine gewisse Anlaufzeit, um die neuen Abläufe zu verinnerlichen. Deshalb können erste Erfolge von agilem Projektmanagement erst nach einiger Eingewöhnungszeit bemerkt werden. Dies kann dazu führen, dass Verantwortliche teilweise schnell an einer erfolgreichen Umsetzung der agilen Arbeitsweise zweifeln.

Steht eine Organisation vor der Einführung von agilen Arbeitsweisen oder Methoden, ist eine Eingewöhnungszeit für alle Projektbeteiligten einzuplanen. Bei dem Regelwerk Scrum gilt die Faustformel, dass erfahrungsgemäß die ersten drei Sprints zur Findung des Teams und der Einübung der Methode dienen. Eine geringere Erwartungshaltung hilft dem Projektteam, mit weniger Druck arbeiten zu können und umso schneller erfolgreiche Ergebnisse zu liefern. Probleme können somit vermieden werden, indem eine Eingewöhnungszeit in der Einführungsphase eingeplant wird. Außerdem ist die Kommunikation im Projektteam gerade in der Anfangszeit sehr wichtig. Es sollte eine offene Fehlerkultur zugelassen werden, damit alle Beteiligten aus anfänglichen Fehlern lernen und positive Erfahrungen mit einem Mehrwert für die Zukunft machen.


Fehler #4: Fehlende Transparenz und Kommunikation

Wer in Projekten arbeitet, arbeitet mit Menschen zusammen. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Menschen ist Kommunikation unerlässlich. Bringen die beteiligten Personen unterschiedliche Erfahrungen und Kompetenzen mit, werden hohe Anforderungen an die Kommunikation gestellt. Um Transparenz zu schaffen, aber auch um Unklarheiten oder Missverständnisse zu vermeiden und die Zusammenarbeit effizient zu gestalten, sollte offen kommuniziert werden. Im Projektalltag ist es aber häufig der Fall, dass die Kommunikation gar nicht, zu spät oder in nicht ausreichendem Maße erfolgt. Das führt zu Intransparenz, Abstimmungsproblemen oder Missmut bei den Beteiligten. Genau wie „klassische Projekte“ stehen und fallen auch agile oder hybride Projekte mit der Kommunikation. Ein Kanban-Board, das nicht für alle Mitglieder des Projektteams zugänglich ist oder nicht gepflegt wird, ist genauso toxisch für den Projekterfolg wie fehlende Projektplanung.

Eines vorweg: Gute Kommunikation schafft Transparenz und Transparenz kann schmerzhaft sein. In einer transparenten Projektumgebung werden Fehler oder Stagnation sichtbar und dies kann für einzelne Projektbeteiligte zu unangenehmen Rückfragen führen. Daher ist es Grundvoraussetzung, dass bereits zu Projektbeginn auf Werte wie Offenheit, (Fehler-)Toleranz und Kooperationsbereitschaft gebaut wird. Ein Projektteam, das auf Basis dieser Werte arbeitet, hat gute Chancen, sein Projekt erfolgreich abzuschließen. Überdies sollte das Projektteam ein gemeinsames Verständnis von guter Zusammenarbeit und guter Kommunikation entwickeln und sich dieses immer wieder vor Augen führen. In schwierigen Zeiten kann sich das Projektteam schließlich hierauf besinnen und die „Kommunikationskultur“ beibehalten. Nicht weniger wichtig ist es, einen regelmäßigen Austausch im Projekt zu gewährleisten. Je nach Projekt und Projektsituation sollte sich das Projektteam täglich oder auch wöchentlich abstimmen, um über den Projektfortschritt zu berichten, mögliche Probleme und Risiken frühzeitig aufzudecken und das weitere Vorgehen zu planen. Nur so können Unterstützungsbedarfe für einzelne Personen erkannt und entsprechend koordiniert werden. Um die vorgenannten Punkte umsetzen zu können, werden klare Vorgaben hinsichtlich der Aufgaben und Verantwortlichkeiten, aber auch der Rollen im Projektteam verlangt.


Fehler #5: Regelmäßig überzogene Termine

Der Projektalltag kann sehr stressig werden und ein Abstimmungstermin oder Workshop folgt auf den nächsten. Umso wichtiger ist es, dass Meetings nicht überzogen werden, sondern die geplante Dauer - die Timebox - einhalten. Allerdings kommt es immer wieder dazu, dass Meetings die geplante Zeit übersteigen. Eine mögliche Ursache ist, dass sich einzelne Personen in Details verlieren. Eine strukturierte Agenda mit definierten Zeiträumen kann Abhilfe schaffen. Bei der Einhaltung des Zeitplans hilft das Aufstellen klarer Regeln und Strukturen. Externe Moderation sowie ein Wecker oder Gong können dabei helfen, die Struktur einzuhalten und somit auch die Zeitvorgaben. So schaffen es alle rechtzeitig in einen Folgetermin und können die restlichen Aufgaben bearbeiten.



Quellen

Boral, S. (2016): Ace the PMI-ACP® Exam: A Quick Reference Guide for the Busy Professional, 1 Aufl. Berlin: Apress.

Stacey, R. D. & Mowles, C. (2015): Strategic Management and Organisational Dynamics, 7 Aufl. London: Pearson Education.



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Dr. Vanessa Hilleringmann Seniorberaterin & Expertin für Agilität

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